Ein transgenerationales Trauma wird über Generationen hinweg weitergegeben.
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Transgenerationale Traumata: Kann ein Trauma vererbt werden?

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Was passiert eigentlich mit Kindern, deren Eltern Krieg oder Flucht erlebt haben? Was, wenn es bereits die Großeltern- oder Urgroßeltern-Generation war, die auf verschiedenste Weisen Terror und Gewalt erlebt hat? Können Erlebnisse, die mehrere Jahrzehnte zurückliegen, noch heute unsere Familiendynamiken prägen?

Um diese Fragen zu beantworten, betrachten wir in diesem Blogartikel den Themenkomplex „transgenerationales Trauma“. Zunächst schauen wir auf die Frage, was transgenerationales Trauma überhaupt ist. Anschließend betrachten wir, wie Epigenetik, Bindungsstörungen der Eltern und Familiendynamiken dazu beitragen, das Trauma vererbt wird. Außerdem beantworten wir die Frage, wie man transgenerationales Trauma auflösen kann.

Das erwartet dich in diesem Artikel:

  • Was ist ein transgenerationales Trauma?
  • Wie kann Trauma vererbt werden?
  • Wie kann man transgenerationales Trauma auflösen?
  • Fortbildung der Systemischen Traumafachberatung bei der FreyMuT Academy

Was ist ein transgenerationales Trauma?

Ein transgenerationales Trauma ist ein Trauma, das über Generationen hinweg weitergegeben wurde. Das heißt, das Trauma wurde von den Eltern oder Großeltern auf ihre Kinder und dann Enkelkinder übertragen.

Transgenerationale Traumata haben langfristige Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden der traumatisierten Menschen: Diese reichen von wiederkehrenden, problematischen Verhaltensweisen und Emotionen bis hin zu körperlichen Erkrankungen oder Suchtverhalten.

Transgenerationale Traumata können die Beziehungen innerhalb einer Familie beeinflussen, können jedoch genauso auch größere Gruppen oder ganze Nationen beeinflussen.

 

Wie kann Trauma vererbt werden?

Trauma kann durch biologische, soziale und psychologische Faktoren vererbt werden.

Trauma kann sowohl durch biologische als auch durch soziale und psychologische Faktoren vererbt werden. Doch bevor wir uns die genauen Mechanismen anschauen, ist es an dieser Stelle wichtig zu betonen: Nicht alle Kinder traumatisierter Eltern entwickeln ebenfalls traumatische Symptome!

In unserem Blogartikel zur Resilienz erfährst du beispielsweise einiges darüber, welche Faktoren das Risiko für eine Weitergabe von Traumata verringern können.

Im folgenden Betrachten wir, wie Trauma durch jeweils durch die folgenden drei Mechanismen vererbt werden kann und so ein transgenerationales Trauma entsteht:

  • Epigenetik
  • Bindungsstörungen der Eltern
  • Familiäre Dynamiken

 

Epigenetische Veränderungen

Studien haben gezeigt, dass traumatische Erfahrungen epigenetische Veränderungen auslösen und diese Veränderungen auf die nächste Generation übertragen werden können.

Was heißt das konkret? Die Epigenetik ist ein Teilbereich der Genetik. Sie beschäftigt sich damit, wie, abhängig davon wie wir leben und was wir erleben, bestimmte Gene “eingeschaltet” oder “ausgeschaltet” werden können.

Dabei handelt es sich nicht um Veränderungen innerhalb der DNA-Sequenz selbst, sondern zum Beispiel um Veränderungen in der DNA-Methylierung oder Histondeacetylierung. Die Veränderung betrifft somit die Genexpression und kann auch wieder rückgängig gemacht werden.

Typischerweise finden sich hier Veränderungen bei Genen, die mit Stressregulation, Emotionsregulation oder Gedächtnisbildung zu tun haben. So kann über Generationen hinweg eine erhöhte Stressreaktion oder emotionale Reaktivität entstehen.

 

Bindungsstörungen der Eltern

Auch durch eine Bindungsstörung auf Seiten der Eltern können transgenerationale Traumata entstehen: Die traumatisierten Eltern können Schwierigkeiten damit haben, eine stabile und liebevolle Beziehung zu ihren Kindern aufzubauen. Durch die eigene Traumatisierung verhalten sich die Eltern unvorhersehbar und unzuverlässig oder überfürsorglich im Umgang mit ihren Kindern.

Da eine sichere Eltern-Kind-Bindung die Grundlage für die psychische, emotionale und soziale Entwicklung des Kindes bildet, kann das Verhalten der Eltern dazu führen, dass die Kinder sich unsicher und ängstlich fühlen. Eventuell entwickeln die Kinder Probleme bei der Regulation ihrer Emotionen und im Sozialverhalten. Auch ein geringes Selbstwertgefühl kann infolgedessen auftreten. Kinder, deren Eltern ein atypisches Bindungsverhalten haben, haben außerdem langfristig ein höheres Risiko, an psychischen Problemen zu erkranken.

 

Familiäre Dynamiken

Familien, die von Traumata betroffen sind, können Schwierigkeiten haben, effektive Kommunikations- und Konfliktlösungsstrategien zu entwickeln. Dies kann dazu führen, dass Traumata und Symptome von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden.

Denn das Vorhanden-Sein von transgenerationalem Trauma kann das Verhalten der Familienmitglieder untereinander beeinflussen: So entsteht eine Dynamik aus Aggression, Konflikt, Rückzug und Vermeidung.

Da in vielen Familien alles rund um psychische Gesundheit immer noch tabuisiert wird, besteht keine Möglichkeit zur Konfliktlösung. Stattdessen entstehen weitere Spannungen und Missverständnisse.

Diese Verhaltensmuster können sich über Generationen hinweg fortsetzen und so zu einer destruktiven Familiendynamik führen. Gleichzeitig genügt eine kleine Neuausrichtung innerhalb des Familiensystems, um Veränderung anzustoßen.

 

Wie kann man transgenerationales Trauma auflösen?

Verschiedene Therapieansätze können dabei helfen, transgenerationales Trauma aufzulösen.

Die Auflösung von transgenerationalem Trauma ist ein langwieriger Prozess, der Zeit und Geduld erfordert. Es gibt verschiedene Ansätze und Therapiemöglichkeiten, die dabei helfen können.

Eine Möglichkeit ist eine Traumatherapie, die darauf abzielt, das Trauma zu verarbeiten. Eye Movement Desensitization and Reprocessing, oder kurz EMDR, ist beispielsweise die führende Therapiemethode bei einer Posttraumatischer Belastungsstörung. Sie kann auch bei der Behandlung von transgenerationalem Trauma zum Einsatz kommen.

EMDR hilft Menschen dabei, ihre Traumata zu verarbeiten, indem sie dabei unterstützt werden, sich auf bestimmte Augenbewegungen oder andere Stimuli zu konzentrieren, während sie an das Erlebte denken. EMDR hat sich in zahlreichen klinischen Studien als effektiv und sicher erwiesen und wird von vielen Therapeut:innen weltweit angewendet.

Auch eine Familientherapie kann hilfreich sein, um die Familienmuster und -dynamiken zu untersuchen und aufzulösen. Dabei werden die verschiedenen Rollen und Beziehungen innerhalb der Familie betrachtet und gegebenenfalls auf traumatische Ereignisse und Erfahrungen zurückgeführt.

Auch die systemische Therapie kann bei der Bearbeitung von transgenerationalem Trauma eine wichtige Rolle spielen, da sie sich mit den Beziehungen und Interaktionen innerhalb eines Systems, wie beispielsweise einer Familie, auseinandersetzt.

Dabei wird die individuelle Erfahrung immer in den Kontext der Familie oder des Systems gestellt und anschließend gemeinsam mit den Beteiligten nach Lösungen und Veränderungsmöglichkeiten gesucht.

Die systemische Arbeit fördert dabei eine offene Kommunikation und ein gemeinsames Verständnis für die Erfahrungen und Bedürfnisse jedes Einzelnen. Außerdem kann sie Impulse liefern, die zur Stärkung der Ressourcen innerhalb der Familie führen und somit die Resilienz der Familienmitglieder verbessern.

Insgesamt kann die systemische Therapie einen wichtigen Beitrag zur Auflösung von transgenerationalem Trauma leisten, indem sie eine ganzheitliche und ressourcenorientierte Perspektive einnimmt und die Beteiligten dabei unterstützt, ihre Erfahrungen zu verarbeiten.

Über diese Möglichkeiten hinaus kann es sinnvoll sein, Unterstützung von außen in Anspruch zu nehmen. Dazu können Selbsthilfegruppen oder psychosozialen Beratungsstellen gehören. Auch eine Achtsamkeitspraxis oder körperorientierte Therapien wie Yoga oder Somatic Experiencing können dabei helfen, das traumatische Erleben zu reduzieren und das eigene Wohlbefinden zu steigern.

Darüber hinaus ist es wichtig zu betonen, dass die Auflösung von transgenerationalem Trauma ein individueller Prozess ist, der bei jeder Person unterschiedlich verlaufen kann. Eine professionelle Begleitung ist entscheidend, um eine positive Veränderung zu erreichen. Hier geht’s zum Blogartikel “3 Mythen der Traumatherapie: Das kann Traumatherapie wirklich”

 

Fortbildung der Systemischen Traumafachberatung bei der FreyMuT Academy

Die Fortbildung der Systemischen Traumafachberatung bei der FreyMuT Academy ist eine Weiterbildung für alle Menschen, die bei ihrer Arbeit mit traumatisierten Menschen in Kontakt kommen.

Das Ziel unserer Fortbildung ist es, praxisnahe Handlungsstrategien für die pädagogische Arbeit mit betroffenen Kindern, Jugendlichen und deren Familiensystemen zu vermitteln. Im Laufe der Fortbildung lernst du als Teilnehmende:r wie du deinen Klient:innen dabei hilfst, ihre traumatischen Erfahrungen besser zu verstehen und sich eine stärkere Unterstützung innerhalb ihres sozialen Systems aufzubauen.

Der systemische Blick der Fortbildung beruht dabei auf der Annahme, dass Probleme und Herausforderungen im Leben einer Person durch die Interaktionen mit ihrem sozialen Umfeld beeinflusst werden. Insbesondere die systemische Mehrgenerationen-Perspektive ermöglicht es den Teilnehmenden, einen intensiven Einblick in transgenerationale Trauma-Dynamiken zu erlangen und in diesen unterstützen zu können.

Inhaltlich vermitteln wir aktuelle Erkenntnisse der Psychotraumatologie sowie praxisorientierte traumapädagogische und systemische Interventionsstrategien. So möchten wir dir in deiner praktischen Arbeit mehr Möglichkeitsräume erschaffen und dir zu mehr Sicherheit im Umgang mit traumatisierten Menschen verhelfen.

 

Du möchtest mehr erfahren?

Du möchtest mehr zu unserer Fortbildung der Systemischen Traumafachberatung erfahren? Vielleicht überlegst du, ob eine Tätigkeit als als Systemische:r Traumafachberater:in für dich in Frage kommt?

Informiere dich hier über unsere Fortbildung in der systemischen Traumfachberatung!