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Traumapädagogik Ausbildung: Warum Wissen heilt

Erfahrungen & Bewertungen zu FreyMuT Academy GmbH

“Wir arbeiten uns den Arsch ab, und wenn wir aufgeben, landet das Kind in der Krise.”

Was glaubst du, wer hat hier seiner Verzweiflung Luft gemacht? Eine engagierte Jugendamtsmitarbeiterin, die täglich gegen die Mühlen der Bürokratie kämpft? Oder ein einfühlsamer Grundschullehrer, der weit über seine Lehrerrolle hinausgeht? Vielleicht eine engagierte Sozialarbeiterin, die sich in der stationären Jugendhilfe für die Inobhutnahme von Flüchtlingskindern stark macht?

Oder kannst du es gewesen sein? In deiner Rolle als Erzieherin? Als Psychologe? Als Ärztin?

Wahrscheinlich hätten alle genannten einen Grund dazu und wenn du nicht rein zufällig hier bist, hast du beim Lesen innerlich die Hand gehoben. Es ist eine harte Realität, in der sich viele Menschen im pädagogischen, psychologischen und medizinischen Kontext wiederfinden, während sie Kinder und Jugendliche begleiten.

Die Ressourcen sind knapp und der Staat winkt mit weiteren Kürzungen. Zu wenig Personal, zu wenig Geld bedeutet, dass der Verantwortungsdruck für die einzelnen weiter steigt. 

Wie können Betroffene mit diesem enormen Stresspotenzial umgehen, sich vor eigener Traumatisierung und Belastungssymptomen schützen? Und dann noch ihren Schützlingen wirkungsvoll helfen?

In diesem Artikel sprechen wir darüber, wie das Wissen über Trauma als integraler Bestandteil der Traumapädagogik deine Resilienz fördert. Und wie eine Traumapädagogik-Ausbildung dazu beitragen kann, dass dir dein Beruf wieder richtig Freude bereitet.

 

Kita & Co vor dem Kollaps

Die Mitarbeiterin aus einer Notschlafstelle aus einem westlichen Bundesland gibt diese Rückmeldung im Januar 2023:  “Wir erleben seit Wochen und Monaten, dass Jugendlichen ihr festgeschriebenes Recht auf Inobhutnahme verweigert wird, selbst wenn Inobhutnahme Plätze frei sind wird das gar nicht erst geprüft. Zum Beispiel weil – O-ton – „es größere Notfälle“ gebe. Und dass, obwohl es hier um Jugendliche geht, die als Minderjährige auf der Straße stehen. Da gibt es also evtl. auch schon eine Art „Triage“ unter nicht-Geflüchteten.“ 

Es schnürt einem beim Lesen fast die Kehle zu. Wie es wohl erst den Betroffenen geht? In der Sozialen Arbeit ist der Fachkräftemangel so groß wie noch nie und im Branchenvergleich außergewöhnlich belastend, wie das Institut der Deutschen Wirtschaft im August 2022 in einer Studie herausstellte.

Jugendämter verlieren Überblick

Doch auch jenseits dieser Brandherde schwelt es an Grund- und Förderschulen quer durch die Republik. Zu große Klassen, zu wenig Lehrer:innen und Pädagog:innen, während die Verhaltensoriginalität der Kinder und Jugendlichen weiter zunimmt. Und dann noch die Kitas. Rund ein Viertel der Jugendämter in Bayern hat keinen Überblick, wie oft Personalmangel in Kitas erhebliche Folgen für die Betreuung hat. Sprechen wir mal Klartext: Was soll eine Erzieherin, die 30 Kinder in einer Gruppe gleichzeitig betreut, erwarten, wenn ihr Dilemma für die Behörden nicht einmal existiert? 

“Erzähl mir was Neues!” denkst du vielleicht, wenn du bis hier gelesen hast und all das aus deinem Alltag als pädagogische Fachkraft kennst. Uns geht es um mehr, als um Schuldzuweisungen an das System. Denn das bringt uns nicht weiter. Was dir wirklich weiterhilft, ist, eigenverantwortlich deine Selbstwirksamkeit zu stärken und den Umständen zu trotzen. So, dass du auch unter Belastung gesund bleibst und die Bedürfnisse der Kinder, die du begleitest, sehen kannst. 

 

Trauma vs. Stress

“Heute hat Lina in der Schule ganz doll geweint”, berichtet der siebenjährige Tim seiner Mutter auf dem Nachhauseweg. “Was ist passiert?” fragt sie interessiert nach.

“Der Papa von Sara hat sie vor der Turnhalle richtig laut angebrüllt und geschrien, dass Lina ein böses Kind ist. Ich glaube, er hat Lina Angst gemacht. Dann ist Frau Peter gekommen, hat auch geschrien, und Saras Papa ist ganz schnell gegangen”, erklärt der Junge. Seine Mutter holt Luft und will mehr wissen.

“Das war wirklich schlimm für Lina”, sprudelt es aus Tim heraus. “Sie hat geweint und gezittert. Frau Peter hat sie getröstet, aber es hat eine Weile gedauert, bis Lina wieder normal war.”

 

Es muss nicht gleich ein Trauma sein

Diese außergewöhnlich stressige Situation an einer Grundschule, übrigens eine wahre Begebenheit, könnte verschiedene Auswirkungen auf die Beteiligten haben. Für das kleine Mädchen war dies zweifellos eine schlimme und stressige Erfahrung für ihr Nervensystem. War es deshalb ein Trauma? Wir wissen es nicht, denn ob dies für Lina traumatisch war, hängt von ihren individuellen Fähigkeiten zur Stressbewältigung und ihren Ressourcen ab.

Und wie sieht es mit der Lehrerin, Frau Peter, aus? Hat sie überreagiert oder wurde sie möglicherweise durch eine vergangene, traumatische Erfahrung getriggert? Im stressigen Schulalltag genügt Lehrkräften manchmal schon eine freche Bemerkung, um sie zum Schreien zu bringen. Vielleicht kennst du das. Die Reaktionen von Lehrkräften und Pädagog:innen stehen dabei immer im Zusammenhang mit ihrer eigenen emotionalen Verfassung.  In einer Traumapädagogik Ausbildung lernen Fachkräfte auch bei sich selbst hinzuschauen, die Anzeichen von Traumatisierung zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. Je besser sie selbst geschult sind, desto sensibler können sie auf herausfordernde Situationen reagieren, sich selbst regulieren und Co-Regulation anbieten.

Wenn nichts mehr geht

Ein Trauma unterscheidet sich von starkem Stress durch einige Merkmale. Es tritt meist plötzlich und unerwartet auf, wird als lebensgefährlich wahrgenommen und überfordert die individuellen Bewältigungsmöglichkeiten einer Person. In einem traumatischen Zustand kann es zu einer massiven Alarmreaktion im Gehirn kommen, die zu verschiedenen Verhaltensweisen führt, wie dem Erstarren zur “Salzsäule” oder dem planlosen Umherlaufen. Klinisch wird dieser Zustand als Dissoziation bezeichnet, bei dem Wahrnehmungs- und Gedächtnisinhalte gespalten werden.

Im Gegensatz zu starken Stressreaktionen, bei denen das Gehirn immer noch schnell zwischen Denken und Fühlen hin- und herschalten kann, blockiert ein Trauma dieses Schalten. Die Wahrnehmung, gezieltes planvolles Verstehen und Verhalten werden oft blockiert, und das Gehirn ist dissoziiert (Freezing). Menschen, die ein Trauma erleben, können in dissoziative Zustände fallen, bei denen sie Gefühle abschalten und wie Roboter funktionieren. Traumatische Erfahrungen sind unverarbeiteter Stress, die in der Gegenwart immer wieder getriggert werden und Stressreaktionen auslösen können. Sie sind gespeichert im limbischen System unseres Gehirns. Dazu zählen kollektive Erfahrungen, transgenerationale Erfahrungen und individuelle Stresserfahrungen.

Trauma ist heilbar

Es ist wichtig zu verstehen, dass traumatische Belastungsstörungen nicht nur durch große Ereignisse wie Krieg, Unfälle oder massive Gewalterfahrungen ausgelöst werden. Der stressorbasierte Ansatz legt den Fokus darauf, dass der Unterschied zwischen Trauma und Stress in der Schwere der direkten Einwirkung liegt, nicht jedoch in den Auswirkungen auf den Körper. Das bedeutet, dass unabhängig davon, wie intensiv oder oft man belastende Situationen erlebt hat, ähnliche körperliche und seelische Reaktionen auftreten können – von einfachen Bewältigungsstrategien bis hin zu schweren posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS).

Die sehr gute Nachricht ist, dass die Bewältigung belastender Lebensereignisse und die Neustrukturierung dysfunktional gespeicherter Erinnerungen immer möglich sind. Auch wenn diese Überzeugung erst langsam von Fachkreisen akzeptiert wird: Heilung von Trauma ist möglich. Wissen über Trauma, wie wir es in der Traumapädagogik Ausbildung vermitteln, ist ein Teil davon. 


Selbstschutz in sozialen Berufen

Wenn du in einem sozialen Beruf arbeitest, sei es als Erzieher:in, Lehrkraft oder Pädagog:in, ist dein Risiko für eine stressassoziierte Gesundheitsstörung besonders hoch. Verschiedene Studien haben beunruhigend hohe Burnout-Raten ermittelt, je nach Berufsgruppe sogar bis zu 20%.

Über das Burnout-Risiko hinaus besteht besonders für Therapeut:innen und Einsatzkräfte in Kriseninterventionen ein weiteres Risiko: Dr. Judith Daniels von der Uniklinik Hamburg hat herausgefunden, dass betroffene Fachkräfte selbst ohne direkten Kontakt zum ursprünglichen Trauma, durch Zuhören, Einfühlen und Vorstellen traumatischer Ereignisse sekundär traumatisiert werden können. Die Symptome ähneln denen der posttraumatischen Belastungsstörung, wie erhöhte Wachsamkeit, Übererregung und Vermeidung von traumabezogenen Reizen.

Selbstfürsorge und Burnout-Prophylaxe sind deshalb längst keine Option mehr, sondern essenzielle Bestandteile einer fundierten traumapädagogischen Ausbildung. 

Wie kannst du dich und deine mentale Gesundheit schützen?

Schauen wir uns am konkreten Beispiel der Lehrerin Frau Peter an, welche Möglichkeiten ihr in der belastenden Situation an der Grundschule zur Verfügung stehen.

Ressourcenlandkarte:

Trauma findet dort statt, wo Ressourcen zur Stressbewältigung nicht ausreichen. Wenn Frau Peter über genügend Selbsterfahrung und Selbsterkenntnis verfügt, kann sie ihre Ressourcen auch unter Belastung flexibel aktivieren. Sie kennt ihre inneren Prozesse und weiß, was sie braucht, um sich in der akuten Situation schnell zu stabilisieren. Durch ihre Selbsterkenntnis kann sie einordnen, warum sie in der Auseinandersetzung mit dem aggressiven Verhalten kurzfristig die Kontrolle verloren hat, und kann sie gezielt zurückholen.

Handlungskompetenzen:

Frau Peter kennt die Methoden, die ihr helfen, ihr eigenes System zu beruhigen, und die auch für die Kinder unterstützend sind. Wege zur Selbstermächtigung sind zum Beispiel wirkungsvolle Entspannungstechniken, Übungen zum Dissoziationsstop, Körperübungen und Techniken zur Selbstberuhigung. Durch den gezielten Einsatz dieser Methoden kann die Lehrerin ihre eigene mentale Gesundheit schützen und gleichzeitig für eine pädagogisch wertvolle Begleitung der Kinder, insbesondere von Lina, sorgen.

Allgemeine Maßnahmen zur Selbstfürsorge:

Es ist wichtig, dass du dir erlaubst, Frühwarnzeichen der Überlastung zu erkennen und dir Unterstützung zu suchen. Ein regelmäßiger Check der Work-Life-Balance, ein klares Abstecken von Verantwortlichkeiten und die Teilnahme an Weiterbildungen sind effektive Maßnahmen des Selbstschutzes. Im Kontext von Traumafolgestörungen ist es entscheidend, dass du verstehst, wie traumatische Erfahrungen wirken und gleichzeitig Fähigkeiten zur Bewältigung der Symptome entwickelst. Denn wer andere halten will, muss selbst sicher stehen.


Verstehbarkeit, Bewältigbarkeit, Sinn

Kennst du das erleichternde Gefühl, wenn du eine Antwort auf eine Frage erhältst, die dich schon lange, vielleicht auch unbewusst, beschäftigt hat? So, dass du spürst, wie sich dein ganzes System dabei entspannt. Woran liegt das? Dein Kohärenzsinn wurde wahrscheinlich positiv gefüttert. Wenn das passiert, scheinen Herausforderungen machbarer und unser Nervensystem kann sich beruhigen. Kohärenz nach dem Gesundheitswissenschaftler Antonovsky entsteht, wenn Verstehbarkeit, Bewältigbarkeit und Sinn aufeinandertreffen. Auch in Bezug auf den Umgang mit Trauma spielt das Kohärenzgefühl eine große Rolle. Wenn Verstehbarkeit, Bewältigbarkeit und Sinn im Kontext von Trauma zusammenkommen, entsteht ein inneres Gleichgewicht, das entscheidend für die psychische Widerstandsfähigkeit ist.

Verstehbarkeit unterstützt die Fähigkeit, Stressoren (innere und äußere Reize und Einflüsse) sinnhaft einzuordnen, zu erklären oder gar vorherzusehen. Wenn dann die Handlungskompetenz einsetzt und Ressourcen zur Stressbewältigung bewusst eingesetzt werden, steigt unsere Resilienz.

Verstehen hilft heilen

Eine Umfrage der Universität Kopenhagen beweist diese Zusammenhänge. Ein Team befragte 170 palästinensische Flüchtlingsfamilien, die traumatische Erfahrungen in den ersten arabisch-israelischen Kriegen von 1948 und 1967 gemacht hatten. Interessanterweise zeigten die in einem sicheren Umfeld geborenen Kinder dieser Familien ähnliche Symptome und Traumafolgestörungen wie ihre Eltern, ein Phänomen, das als transgenerationales Trauma bekannt ist.

Jedoch litt eine spezifische Gruppe von Kindern signifikant weniger unter den traumatischen Erfahrungen ihrer Eltern. Diese Kinder hatten den Hintergrund der Kriege offen mit ihren Eltern besprochen. Durch das Verständnis der Fakten konnten sie das Verhalten ihrer Eltern kontextualisieren. Die Aufklärungsgespräche mit den Eltern stärkten ihren Kohärenzsinn und hatten einen positiven Einfluss auf ihre psychische Widerstandsfähigkeit (Resilienz). Verständnis schafft Sicherheit. Und das Gefühl von Sicherheit stärkt wiederum unsere Widerstandsfähigkeit, macht uns resilienter. Das unterstreicht diese Untersuchung eindrücklich.


Traumapädagogik Ausbildung: Trauma transformieren

In einem gesellschaftlichen System, das pädagogischen Fachkräften und allen Begleitenden von Kindern und Jugendlichen die Arbeit  schwer macht, kostet berufliches Engagement viel Kraft. Doch genau hier kann das Verständnis für Trauma  einen entscheidenden Unterschied machen. Wenn Lehrkräfte wie Frau Peter durch eine Traumapädagogik Ausbildung Werkzeuge und Strategien erlernen, um das Kohärenzgefühl bei sich selbst und ihren Schüler:innen durch Psychoedukation zu stärken, entsteht Raum für Verstehbarkeit, Bewältigbarkeit und Sinnhaftigkeit.

Die Wirkung reicht weit über den individuellen Lehrer:innen-Schüler:innen-Kontext hinaus. Es kann zu einer positiven Veränderung im ganzen System beitragen, in dem die mentalen und emotionalen Bedürfnisse aller Beteiligten besser verstanden und berücksichtigt werden. So wird aus der Last der Herausforderungen die Möglichkeit, Freude und Sinnhaftigkeit zurückzugewinnen.

Wenn auch du die Perspektive in deinem herausfordernden Alltag verändern und einen Beitrag zu einem unterstützenden Umfeld leisten möchtest, könnte eine Traumapädagogik Ausbildung der Schlüssel sein. Am 09. März 2024 startet eine Ausbildungsklasse bei uns in der Freymut Academy, natürlich von der DeGPT zertifiziert. Entdecke, wie dieses Wissen nicht nur die Lebensqualität in deinem Beruf verbessern kann, sondern auch einen positiven Einfluss auf die Menschen um dich herum haben wird.

Erfahre hier mehr über die Traumapädagogik Ausbildung der Freymut Academy.