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So erkennst du verdrängtes Trauma und seine Symptome

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Damit ein verdrängtes Trauma erfolgreich behandelt werden kann, muss es als erstes als solches erkannt werden. Dieser erste Schritt kann eine große Herausforderung darstellen. Sowohl die betroffenen Menschen selbst als auch deren Familie und Freunde fragen sich oft über Jahre hinweg: Sind das Traumasymptome? Woran kann ich traumatisierte Menschen erkennen? Was passiert, wenn ich ein verdrängtes Trauma nicht bearbeite, sondern verdränge und ignoriere?

Neben der Antwort auf die oben genannten Fragen erfährst du in diesem Artikel außerdem, wie du einen traumatisierten Menschen am besten unterstützen kannst.

Was ist verdrängtes Trauma und welche Symptome tauchen auf?

Betrachten wir zunächst kurz den Traumabegriff selbst: Aus der Sicht des ICD-11 – das ist das internationale medizinische System, nach dem Krankheiten klassifiziert werden – hat ein Mensch ein Trauma erlebt, wenn er oder sie „(…) einem extrem bedrohlichen oder schrecklichen Ereignis oder einer Reihe von Ereignissen ausgesetzt war.“

Verdrängtes Traum - z.B. durch einen Unfall

Dazu gehören zum Beispiel einmalige Situationen wie Unfälle, Krieg oder Katastrophen aber auch länger anhaltende Situationen wie Erkrankungen oder unterschiedlichste Gewalterfahrungen.

Über die Definition des ICD-11 hinausgehend gibt es – basierend auf Aspekten der aktuellen Traumaforschung – ein weiter gefasstes, neues Traumaverständnis. Nach diesem können alle Erlebnisse, die das Nervensystem eines Menschen überfordern und seine Grundbedürfnisse verletzen als Trauma betrachtet werden.

Oft beschreiben wir Trauma als ein einziges, klar zuweisbares Ereignis. Gerade im Familienleben tritt allerdings häufig eine Ansammlung von vielen kleinen Belastungssituationen über einen langen Zeitraum hinweg auf. Auch diese können für die Personen traumatisch sein.

Nach außen ist dies nicht immer klar erkennbar, da jede Instanz für sich als geringfügiger Stressor angesehen wird, anstatt die Situation in ihrer Gesamtheit zu analysieren.

Traumatische Erlebnisse müssen von den Menschen im Anschluss verarbeitet werden – gelingt das nicht, können sich daraus unterschiedliche Traumafolgen entwickeln. Zu diesen gehören unter anderem Verhaltensauffälligkeiten, Angststörungen oder die Posttraumatische Belastungsstörung.

Menschen mit verdrängtem Trauma haben ein traumatisches Erlebnis jedoch nicht verarbeitet, sondern stattdessen versucht, dieses zu ignorieren oder zu vergessen. Das kann sie auch noch Monate oder Jahre später in ihrem täglichen Leben beeinflussen: In Situationen, die bewusst oder unterbewusst an das traumatische Erlebnis erinnern, kann das verdrängte Trauma urplötzlich wieder auftauchen.

Geschehen kann dies auf ganz unterschiedliche Weise: Bestimmte Farben, Gerüche, Personen oder Geräusche lösen dann eine starke, emotionale Reaktion aus. Wut, Angst oder Panikattacken können die Folgen sein. Dies resultiert allein aus der Assoziation mit dem traumatischen Erlebnis und hat nichts mit der Situation in der Gegenwart zu tun. Für die betroffenen Menschen ist es sehr schwierig, mit solchen Situationen umzugehen und dabei handlungsfähig zu bleiben.

Wie verhält sich ein traumatisierter Mensch?

Um zu beantworten, wie sich ein traumatisierter Mensch verhält, macht folgende Unterscheidung Sinn:

  • Es handelt sich um eine akute Traumareaktionen, die in der ersten Zeit nach dem traumatischen Erlebnis auftreten.
  • Es handelt sich um eine bereits länger bestehende Traumareaktionen, aufgrund von unverarbeitetem oder verdrängten Trauma.

Zwischen diesen gibt es zwar einige Überschneidungen, allerdings sind die Symptome von unverarbeitetem oder verdrängtem Trauma oft diffuser. Natürlich können sich die Reaktionen auch von Person zu Person stark unterscheiden. Die folgende Liste ist daher als erster Anhaltspunkt zu verstehen: Es können alle oder nur einige der genannten Punkte zutreffen.

Akute Traumareaktionen nach einem traumatischen Erlebnis

Bei vielen Menschen treten in der ersten Zeit nach dem traumatischen Erlebnis folgende Symptome auf:

  • In Flashbacks werden Bruchstücke des traumatischen Erlebnisses plötzlich wieder erlebt. Diese können im Wachzustand durch bestimmte Trigger ausgelöst werden sowie im Schlaf in Form von Albträumen Die Erinnerung an das traumatische Event ist so schlagartig wieder präsent und schränkt die Person in ihrem Leben ein.
  • Durch emotionale Taubheit wird der eigene Alltag nur noch abgedämpft wahrgenommen und Emotionen weniger intensiv erfahren.
  • Anspannung, Reizbarkeit und Nervosität – der Körper steckt weiterhin auf einem erhöhten Stresslevel fest.
  • Hinzu kommt ein intensives Gefühl von Angst und Hilflosigkeit sowie Scham- und Schuldgefühle.
  • Zu den körperlichen Symptomen zählen Herzrasen, Übelkeit, starkes Schwitzen, flache Atmung, Bauchschmerzen oder Magen- und Darmbeschwerden.

Verdrängtes Trauma – so reagieren traumatisierte Personen

Auch wenn das traumatische Erlebnis bereits lange zurück liegt, können die oben genannten Symptome immer wieder sehr intensiv auftreten. Ausgelöst wird dies durch bestimmte Trigger – Gegenstände, Gerüche, Orte oder Personen, die bewusst oder unterbewusst mit dem Ereignis assoziiert werden. Daher vermeiden vielen Personen mit unverarbeitetem Trauma anschließend Aktivitäten, die sie an das Erlebte erinnern.

Das Wiedererleben von Trauma ebenso wie das Vermeiden dieses Wiedererlebens bedeutet großen Stress für unser Nervensystem. Die Symptome von verdrängtem Trauma können deswegen diffuser sein, den klassischen Stress-Symptomen ähneln und sich wie folgt äußern:

  • Bauchschmerzen und Magen- und Darmbeschwerden
  • Ein Gefühl von innerer Unruhe in bestimmten Situationen
  • Extreme Anspannung, häufig kombiniert mit Kopf- oder Rückenschmerzen
  • Schnelle, flache Atmung sowie Herzrasen
  • Probleme beim Einschlafen oder Durchschlafen
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Starke oder stark schwankende Emotionen

Du siehst: Viele unserer körperlichen Symptome haben eine Verbindung zu Traumata. Wenn du erfahren möchtest, wie sich verdrängtes Trauma und Trauma Symptome im Körper zeigen und was unser Nervensystem damit zu tun hat, empfehle ich dir meinen Blogpost Trauma im Körper.

Was braucht ein traumatisierter Mensch?

Verdrängtes Trauma bewältigen und überwinden

Bei der Traumabewältigung spielt soziale Unterstützung eine wichtige Rolle. Um ein traumatisches Erlebnis ausreichend zu verarbeiten, reicht es oft aus, dass es Hilfestellung und emotionalen Beistand durch nahestehende Menschen gibt. Diese können anerkennen, dass die andere Person etwas Schlimmes erlebt hat und ihr signalisieren:

Du trägst keine Schuld an deinem Erlebnis. Ich bin da, wenn du mich brauchst. Ich höre dir zu, wenn du das möchtest.

Diese Unterhaltungen können für alle Parteien anstrengend und herausfordernd sein. Um sie besser zu meistern, achte darauf, dass du der anderen Person ausreichend Raum lässt. So kann sie das Gespräch mitsteuern und entscheiden, was und wie viel sie mit dir teilen möchte. Dies kannst du unter anderem durch folgende Fragen erreichen:

  • Möchtest du mir mehr erzählen?
  • Ist es in Ordnung, wenn ich nachfrage?
  • Ich möchte dir gerne helfen, weiß aber nicht, wie. Was wünschst du dir gerade von mir?

Besonders in Akutsituationen – direkt nach dem traumatischen Erlebnis ebenso wie beispielsweise nach einem intensiven Flashback – kann außerdem ganz konkrete Alltagshilfe dazu gehören: Die Kinderbetreuung übernehmen, den Lebensmitteleinkauf organisieren oder die Mahlzeiten zubereiten. Wichtig ist es, bei allem den Dialog zu suchen und es zu respektieren, wenn die betroffene Person keine Hilfe möchte oder sich diese in einer ganz bestimmten Form wünscht.

Spätestens, wenn der Alltag nicht mehr eigenständig erledigt werden kann und anhaltende Symptome die Person in ihrem Leben behindern, ist es sinnvoll, therapeutische Unterstützung hinzuzuholen. In diesem Artikel erkläre ich dir, wann eine Traumatherapie ratsam ist und welche Methoden es gibt, um ein verdrängtes Trauma nachhaltig zu verarbeiten und zu überwinden. Hör auch gerne in meinen Podcast rein zum Thema verdrängtes Trauma.