Hyperaktiv, unkonzentriert und launisch – so werden Kinder und Jugendliche mit ADHS häufig beschrieben. Es sind oftmals die ,,Störenfriede“ in der Schule, die eben etwas länger brauchen und es nicht schaffen mal für eine halbe Stunde stillzusitzen. Viele Betroffene fühlen sich missverstanden und deren Familie und Umfeld oft hilflos. Der Stempel ADHS ist oftmals sehr schnell gesetzt und die Falschdiagnosen häufen sich. Aber wie erkenne ich nun, ob es sich tatsächlich bei einem Kind um ADHS handelt oder ob vielleicht ein Trauma dahintersteckt? Denn alle Kernsymptome von ADHS sind Symptome, die auch bei einem Trauma auftreten können.
Du erfährst in diesem Artikel, was die Gemeinsamkeiten als auch die feinen Unterschiede von Trauma und ADHS sind, als auch wie du am besten im Falle eines Traumas als auch ADHS mit dem Betroffenen umgehst.
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Trauma und ADHS
- So erkennst du den Unterschied
- Der Umgang mit ADHS- und Trauma Betroffenen
Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Trauma und ADHS
Ein Traumatisierung ist die Folge eines Ereignisses oder mehrer Ereignisse, die über einen längeren Zeitraum passierten und sich sehr belastend auf die Psyche des Betroffenen auswirken. Die Schutzmechanismen der eigenen Psyche werden überwältigt und Betroffenen fällt es zumeist schwer, das Erlebte zu verarbeiten. In der Medizin wird ein Trauma auch als eine seelische Verletzung bezeichnet. Mehr Grundwissen zu Trauma findest du hier.
Ein Trauma ist höchst subjektiv – das bedeutet, dass auch die Symptome je nach Person und Alter variieren können. Folgende Symptome kommen am häufigsten vor:
- Übererregung, Nervosität,Schreckhaftigkeit, Schlaflosigkeit
- Reizbarkeit, Ungeduld, schlechte Laune
- Vermeidung, emotionale Taubheit, Passivität, Rückzug
- Wiedererleben: Intrusionen, Flashbacks, Alpträume
- Misstrauen Scham- und Schuldgefühle, vermindertes Selbstwertgefühl
- Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, negatives Denken
ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) gehört zu den Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend.
Die Hauptmerkmale von ADHS sind folgende:
- Aufmerksamkeitsstörungen
- Impulsivität
- Probleme bei der Selbstregulation
- Als auch manchmal starke körperliche Unruhe (Hyperaktivität)
Vergleicht man die Symptome von ADHS und Trauma sieht man, dass sie sich in mehreren Punkten überschneiden: Übererregung, Aufmerksamkeitsstörungen, Reizbarkeit, Probleme in der Selbstregulation usw. Aber was unterscheidet Trauma und ADHS voneinander?
So erkennst du den Unterschied
Es ist wichtig zu wissen, dass die Neurobiologie bei ADHS eine große Rolle spielt. Es gibt mehrere Bereiche im Gehirn, die durch die ADHS beeinträchtigt sind und nicht vollständig bzw. verlangsamt funktionieren oder über eine geringere Kapazität verfügen. Heute geht man davon aus, dass viele Faktoren bei einer ADHS zusammenwirken. Forschungen zeigen, dass einzelne genetische Veränderungen eine wichtige Rolle spielen, aber nicht alles erklären können. Andere Einflussfaktoren sind Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen oder auch Umwelteinflüsse, also z.B. belastete Familiensituationen. In Gunda Freys Buch ,,Das verstaatlichte Kind“ erfährst du mehr über die Folgen von Geburtskomplikationen uvm.
Bei ADHS sind alle Reize von außen für das Kind oder den Jugendlichen gleich intensiv. Das bedeutet für die Betroffenen ständig von Reizen überflutet zu werden. Diese Reize filtern die Kinder und Jugendlichen dann danach, wie ,,spannend“ ein Reiz ist und richten ihren Fokus dann danach und weg von dem, was eigentlich gemacht werden soll, wie zum Beispiel zu Lernen oder sich pünktlich für einen Termin fertig zu machen.
Ein Trauma entsteht zwar häufig in der Kindheit, durch ein einmaliges belastendes Erlebnis oder auch sich wiederholende belastende Erlebnisse, es kann aber auch im Erwachsenenalter ,,entstehen“ durch beispielsweise eine Naturkatastrophe. Hier kannst du unseren Blogbeitrag zum Thema ,,Trauma und Hochwasser“ lesen.
Hyperaktivität und Impulsivität sind häufige Symptome bei traumatisierten Kindern und Jugendlichen. Das Nervensystem von traumatisierten Menschen befindet sich konstant in der Übererregung, um bereit zu sein für erneute mögliche Gefahren. Dieser kontinuierliche Stress führt zu Problemen in der Gefühlsregulation und führt besonders bei Kindern und Jugendlichen bspw. zu einem vermehrtem Bewegungsdrang.
Tipps im Umgang mit ADHS- und Traumabetroffenen
- Es ist wichtig, dass du das Verhalten von den Betroffenen, ob mit ADHS oder traumatisiert, nicht persönlich nimmst. Sei jeden Tag bereit aufs Neue zu beginnen und zu vergeben: Tolerant, souverän und klar – wie ein Fels in der Brandung.
- Vermeide Extrembezeichnungen! Dazu gehören Worte wie: ständig, immer und nie. Zum Beispiel: ,,Nie tust du was ich sage!“ Dazu gehören auch Etikettierungen wie: ,,Du bist ja…“
- Sei klar. Setze deine Verhalternserwartungen von vornherein fest, mit einem ruhigen, festen aber auch freundlichen Ton – jedoch niemals ,,süßlich“ oder latent aggressiv. Ziehe Widerstand in Betracht und halte die Instruktionen im Falle von Widerstand noch knapper.
- Rückmeldung geben ist essentiell! Rückmeldungen sollten sofort und häufig gegeben werden, dabei ist wichtig, positives vor negativem zu nennen und in „homöopathischen“ Dosierungen zu loben.
Das kannst du noch tun
Es ist bereits großartig, dass du dir diesen Artikel durchliest!
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Bist du Elternteil eines ADHS-Betroffenen? Dann gibt es hier das Hörbuch ,,Mein Kind mit Sonderausstattung“ von Gunda Frey, einer betroffenen Mutter als auch erfahrenen Kinder- und Jugendtherapeutin.
Solltest du noch mehr Grundwissen zu Trauma benötigen, bieten wir hier unseren On Demand Online-Kurs ,,Traumapowerkurs“ an.
Zum Schluss
Egal ob ADHS oder Trauma – Menschen passen nunmal nicht in Schubladen. Die ,,richtige“ Diagnose und die passende Behandlung zu finden, braucht leider oftmals eine Weile. Gesellschaftlich befinden wir uns bezüglich unseres Traumaverständnis im Wandel. In unserer Arbeit geht es unter anderem darum, dass wir wegkommen von dem Leistungsdruck, hin zu einem Alltag für unsere Kinder, in dem auf ihre Bedürfnisse geachtet wird und nicht von ihnen verlangt wird 30 Minuten am Stück zu sitzen. Wenn du Teil der Lösung sein willst, klick hier.
Quellen:
https://www.adhs.info/fuer-jugendliche/infos-zu-adhs/
https://www.psgn.ch/diagnosen/persoenlichkeitsstoerungen-trauma-schmerz/traumafolgestoerungen.html